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Zu Eminescu


Mit höchstmöglicher Einfühlung und großem Können bewältigte der Bildhauer Alexandru Pana die Aufgabe, ein gültiges Porträt des rumänischen Nationaldichters Mihai Eminescu (1850-1889) zu schaffen. In der Vorbereitung auf diese wichtige Arbeit genügte selbstverständlich nicht nur eine physiognomische Kenntnissnahme auf Grund der vertrauten photographischen Aufnahme, die uns die äußere Erscheinung und einen bestimmten Gesichtsausdruck überliefert. Alexandru Pana studierte eingehend die Dichtungen Eminescus und beschäftigte sich sehr genau mit der Biographie des auf tragische Weise ums Leben Gekommenen. Auf diese Weise gelang es ihm, nicht nur die beabsichtigte Ähnlichkeit zu bewirken, sondern darüber hinaus eine Deutung zu geben, deren Tiefgründigkeit zwingend in Erscheinung tritt - nicht in der Art expressiver Übersteigerung, sondern in der Harmonie  der geschlossenen Form, in der ausgewogenen Einheit von Körper, Seele und Geist. Das setzt voraus, Eminescus philosophisch vertiefte Natur- und Liebesdichtung trotz aller Neigungen zur pessimistischen Resignation, die als Folge gescheiterter Auflehnung erklärt wird,  in allen Brechungen des Romantischen als eine insgesamt doch traditionsreiche Leistung auf der Höhe des Klassischen zu sehen.

Pana sieht die starken Momente, die Eminescu in sich vereinigte, in ihrer wechselseitigen Bedingtheit, nicht etwa als Widersprache: Wissensdrang und Erlebnisbereitschaft, Hingabe und Weltflucht. Er läßt uns nachvollziehen, wieviel Lebens- und Schaffenskraft der Dichter zu investieren hatte, um im möglichen Zwiespalt zwischen Naturell und Bewußtsein, zwischen Empfindung und Verstand nicht kraftlos zu versinken.

Alexandru Pana, am 28. April 1916 im rumänischen Brăila geboren, lebt bereits seit 1944 in Deutschland. Er studierte von 1949 bis 1953, zuletzt als Meisterschüler, an der Nürnberger Kunstakademie bei Hans Wimmer, einem der bedeutendsten deutschen Bildhauer der 20. Jahrhunderts, der gerade im Porträt - nicht nur in seinen klassischen Pferden und Akten - sein Bestes zu geben wußte. Von 1953 bis 1955 vertiefte Pana bei Heinrich Kirchner an der Münchner Akademie seine Fähigkeiten insbesondere in den dort praktizierten Methoden des Bronzegusses. Seit 1956 betreibt Pana seine eigene Werkstatt als ein gesuchter Bronze-Spezialist, der für bekannte Kollegen die Ausführung ihrer Ton- und Gipsmodelle übernimmt. Mit einem Teil seiner eigenen Schöpfungen - meißt Porträt- und Pferdebronzen - beteiligt er sich seit 1957 an den Jahresausstellungen der Secession im Münchner Haus der Kunst. In der Klärung der geschlossenen Form offenbart Pana stets eine außerordentliche Einsicht  in  das  Wesen  des Bildhauerischen. Es ist der Geist, welcher die Materie bewegt - und alles Natürliche kann von ihm durchgedrungen sein: sichtbar gemacht  von   einem Künstler wie Pana. Anmut und Strenge, Bewegtheit und Statuarik stehen ihm in gleicher Weise zu Gebote. Es mag vermessen klingen, weil Pana trotz seines  eminenten Könnens bisher nicht die ihm gebührende Anerkennung erfuhr wir können ihn unbedenklich einem Hans Wimmer oder Gerhard Marcks an die Seite stellen.

Auf die Schulter seiner Bildnisbüste des Dichters Mihai Eminescu setzte Pana eine Strophe des griechischen Lyrikers Pindar:
"Ein Schlaf umrundet unser kleines Leben. Wir sind von solchem Stoff wie ihn die Träume weben."
Mit seiner stark an der Volksdichtung orientierten Sprache wurde Eminescu einst wegweisend für die rumänische Lyrik. Alexandru Pana trägt dazu bei, daß Eminescus fortwährendes Vermächtnis wirksame Gegenwart bleibt.

Reinhard Müller-Meillis